„…aus Klein wird Groß“ oder: Die Welt beginnt beim Kind

Liebe Blogleserinnen und Blogleser,

die Überschrift meines ersten Blogbeitrages sagt bereits viel über mein Anliegen aus, dem ich diesen Blog widmen möchte. Seit über 25 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema „Bildung in der frühen Kindheit“ und das Thema beschäftigt mich. Nun habe ich mich entschlossen, die Möglichkeiten eines Blogs zu nützen und mich auf diese Weise einer interessierten Gruppe von Menschen mitzuteilen und mich mit ihnen auszutauschen. Geteilte Gedanken, geteiltes Wissen und geteilte Informationen ergeben ein Mehr von allem und ich glaube, dass das Teilen der eigenen „Schätze“ mit anderen dazu hilft, sich gegenseitig zu unterstützen.

Die Frühpädagogik in Form von institutionalisierten Einrichtungen wie Kindergärten, Kinderkrippen und anderen Einrichtungen zur Betreuung von Kindern steht seit einigen Jahren scheinbar im Zentrum gesellschaftspolitischer Diskurse. Es werden dabei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Erfordernisse von Wirtschaft und Arbeitsmarkt ebenso thematisiert wie die kompensatorische Wirkung von frühen Fördermaßnahmen im Hinblick auf sprachliche, motorische, mathematische, soziale und sonstige Defizite von Kindern. Und diese Argumentationslinie wird dann noch von der These der Chancengerechtigkeit durch Bildung sowie der Aussage, dass Bildung das höchste Gut moderner Gesellschaften sei, umrahmt. Soweit so gut – auch ich habe mich in den letzten Jahren den sich ändernden Bedingungen und Erfordernissen, die gesellschaftliche Veränderungen in vielen Bereichen mit sich bringen, nicht verschlossen. Die Aufgabe der Politik ist es durchaus, sich den aktuellen Entwicklungen zu widmen und Antworten auf Fragen zu finden, die sich in dynamischen Entwicklungsfeldern fortlaufend stellen. Auch Kinder sind von den Entwicklungen, die auf vielen Ebenen unserer „globalisierten Weltgemeinschaft“ stattfinden, betroffen und beeinflusst. Und Kinder sind diejenigen in unseren Gesellschaften, die heute noch nicht mitbestimmen können, was ihr Morgen für sie bereithält. Dieses Morgen der Kinder wird nämlich heute von uns Erwachsenen gestaltet und so mancher Akteur legt dabei Handlungs- und Denkweisen zutage, als gäbe es kein Morgen.

Dabei sind Kinder dem menschlichen Ursprung näher, als Erwachsene, die sich meistens bereits über weite Distanzen von diesem Ursprung des menschlichen Seins entfernt haben. Kinder könnten uns in ihrem Anderssein in vielen Bereichen zu einem neuen Verständnis verhelfen, wenn wir sie in diesem Anderssein wirklich respektieren und anerkennen würden. Oft wird betont, dass Kindheit noch nie im Verlauf der menschlichen Geschichte so geschützt und glücklich wie heute war. Für wie viele Kinder auf der Welt gilt das? Und können wir wirklich so sicher sein, dass sich Kinder auch in sogenannten westlichen Gesellschaften geschützt und glücklich fühlen? Wie kommen wir zu dieser Aussage? Ist es nicht einfach so, dass sich die Gefahren und Bedrohungen für die Kindheit der heutigen Kinder nicht nur verbessert, sondern zum Teil einfach verändert haben? Sind Kinder, die dem strengen Diktat der Leistungssteigerung, der Effizienzoptimierung oder dem Konsumzwang auch in den vermeintlich geschützten Räumen der Kindheit ausgeliefert sind, glücklich?

Solche Fragen beschäftigen mich und ich möchte mich daher in meinem nächsten Blogbeitrag dem Thema der „Kinderbildungseinrichtungen als Schutzräume für Kinder“ widmen. Ich gebe zu, dass meine Gedanken nicht gerade eine zuversichtlich-positive Perspektive auf die Gegenwart und die Zukunft nachzeichnen. Um diesen Beitrag mit meinem unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Guten und Menschlichen enden zu lassen – und diesen Glauben hüte ich wie einen Schatz und bin nicht bereit ihn aufzugeben – möchte ich mir ein Zitat ausleihen, das ich letztens in einem Heftchen von GEA gefunden habe:

Jedes Kind ist ein neues Wesen, ein potenzieller Prophet… Wer sind wir, dass wir sagen könnten, es gäbe keine Hoffnung mehr.

Mit Sicherheit werden wir uns selbst ausrotten, falls wir unser Verhalten nicht befriedigender gestalten. Doch – wie wir die Welt erfahren haben, so handeln wir. Wir sind nicht einmal fähig, unser Verhalten am Rande des Abgrunds adäquat zu bedenken. Doch – wir bedenken weniger als wir wissen; wir wissen weniger als wir lieben; wir lieben sehr viel weniger als es gibt. Um genau soviel sind wir weniger als wir sind. Jedes Kind ist ein neues Wesen, ein potentieller Prophet, gestürzt in die äußere Dunkelheit. Wer sind wir, dass wir sagen könnten, es gäbe keine Hoffnung mehr.
(Ronald D. Laing, Phänomenologie der Erfahrung, Suhrkamp Verlag)

Birgit Ed(ublog)er(in)

Autor: Birgit Eder

Elementarpädagogin, die ursprünglich Verhaltensforscherin werden wollte und durch Zufall beruflich im Kindergarten gelandet ist, wo sie sich seit über 25 Jahren genau richtig fühlt!

6 Gedanken zu „„…aus Klein wird Groß“ oder: Die Welt beginnt beim Kind“

  1. Das ist ja eine wunderbare Idee! Ich wünsche dir viele Mitdenker_innen und Diskutant_innen. Ich werde natürlich versuchen, mich auch einzubringen. Liebe Grüße aus Wien Heide

    1. Liebe Heide, ich freue mich sehr auf deine Beiträge! Du gehörst zu jenen Quellen, die mich sehr zu dieser Idee inspiriert haben! Gemeinsam geteiltes Wissen und gemeinsam geteilte Meinungen waren dir immer schon als Grundlage für eine gemeinsame, aber auch für eine individuelle (berufliche) Entwicklung wichtig – das ist bei mir angekommen!
      Alles Liebe!
      Birgit

  2. Der erste Beitrag ist ja bereits recht spannend und das Zitat sagt ja bereits viel – als komplett unerfahrene Bloggerin werde ich mich gerne an dieser Art von Austausch und Diskussion beteiligen und bin neugierig darauf was sich da so entfalten kann
    Liebe Grüße
    Brigitte

  3. Liebe Birgit,

    bloggen ist für mich auch Neuland, also eine Chance einzusteigen!
    Danke für deine inspirierenden Beiträge, die sehr zum Nachdenken anregen.
    Ich mag deinen Schreibstil sehr 🙂
    ich freu mich auf MEHR!

    Viel Erfolg und liebe Grüße
    Karolin

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